Neues ist möglich - Gedanken zum Pfingstfest

|   Hospiz

In der Pfingstwoche finden für die Mitarbeitenden der Stiftungsbereiche in Herrnhut und Kleinwelka je eine Diakonische Vesper statt.

Diakon Volker Krolzik eröffnet die Mitarbeiterversammlungen mit einem geistlichen Impuls zum Pfingstfest. Diesen können Sie hier nachlesen. Die gesamte Vesper finden Sie am Ende als PDF-Datei zum Download.


Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
von den hohen christlichen Festen ist Pfingsten wohl das Fest, mit dessen Bedeutung nur wenige Menschen etwas anzufangen wissen. Das ist eigentlich schade, denn dieses Fest bringt eine wichtige, frohmachende Botschaft mit, die so recht zum Frühling passt, wo alles im Aufbruch ist.

Ich will die Pfingstgeschichte kurz zusammenfassen:

Fünfzig Tage nach der Auferstehung Jesu feierten die Juden in Jerusalem wieder ein großes Fest. Beim Pfingstfest zu Beginn der Weizenernte erinnerten sie an die Gesetzgebung und an den Bund, den Gott damals am Sinai mit seinem Volk geschlossen hatte. Pilger aus dem ganzen Land und sogar aus anderen, fernen Ländern waren nach Jerusalem gekommen.

Am Morgen, als die Menschen zum Tempel drängten, geschah etwas Merkwürdiges, das sie aufhorchen ließ:
Ein Brausen – als ob ein Sturm aufziehen würde.
Was war das? Die Leute erschraken. Woher kam das Brausen?

Da bemerkten sie ein Haus. Brausender Jubel drang heraus. Jubel- und Lobgesänge. Das ganze Haus schien erfüllt davon. Durch die offenen Fenster waren Jesu Jüngerinnen und Jünger zu sehen und zu hören. Sie lobten Gott und beteten laut. Es sprudelte förmlich aus ihnen heraus, und über ihren Köpfen leuchtete es, als ob sie Feuer gefangen hätten.

Was ist mit denen denn los? Die scheinen ja total begeistert zu sein? Sie reden ohne Aufhören!
Und wir alle verstehen sie – obgleich wir aus verschiedenen Ländern und Regionen kommen und sehr unterschiedliche Sprachen sprechen. Woher können sie unsere Sprachen? Die kommen doch alle aus Galiläa. Warum hören wir sie in unseren Sprachen von den großen Taten Gottes reden?

Verwirrt – erschrocken – staunend nahmen die Menschen wahr, was da geschah.
Aber natürlich gab es auch gleich die desillusionierten Schlaumeier: „Die sind betrunken. Das ist alles“

Niemand verstand, dass es Gottes Geist war, der die Freunde Jesu ergriffen hatte.
Unbeschreibliche Freude hatte sie erfüllt. Alle Angst war verflogen. Nun hatten sie Mut, hinauszugehen,
das sichere Haus zu verlassen,
zu den Menschen zu gehen.

Weit öffneten sie ihre Türen und traten hinaus in die lebendige Vielfalt des Lebens.

Petrus klärte die Menschen auf:
„Nein, Wein haben wir nicht getrunken.
Gott hat uns seinen Geist geschenkt.
Der gibt uns den Mut, euch zu sagen, was uns begeistert und bewegt:
Erinnert euch an Jesus, den Rabbi aus Nazareth! Wisst ihr noch, wie er geholfen und geheilt hat? Wie er Menschen ein neues Leben ermöglicht hat?
Ihr habt es doch mit eigenen Augen gesehen!
Und trotzdem habt ihr ihn angeklagt und dafür gesorgt, dass er umgebracht wurde.
Doch hört:
Dieser Jesus von Nazareth ist nicht tot. Er lebt!
Gott hat ihn auferweckt.
Wir haben es selbst gesehen!
Er ist der Messias, der Retter und Befreier,
der Herr über alles, was lebt.
Das, liebe Leute, erfüllt uns mit Freude!
Und der Geist Gottes, den Jesus uns verheißen hat,
lässt uns reden von dem Neuen, das mit Jesu Auferstehung in die Welt gekommen ist.
Der Tod hat nicht mehr das letzte Wort,
sondern Christus, der Auferstandene.“

Soweit die Stegreifpredigt des Petrus!
Und die Menschen auf den Straßen Jerusalems lassen sich anrühren. Die Bewegung der Jüngerinnen und Jünger ergreift auch sie. Sie fragen:
Was sollen wir tun?

„Kehrt um!“ ruft Petrus
„Tut Buße und bittet Gott, dass er euch eure Selbstbezogenheit und Selbstüberschätzung
– eure Sünde vergibt!
Und lasst euch taufen auf den Namen Jesu Christi. Dann wird Gott auch euch einen neuen Anfang schenken und euch seinen Geist geben!“

Die Botschaft ist bei den Menschen angekommen.
Sie taten, wozu Petrus sie aufgerufen hatte.
Die Apostelgeschichte berichtet, dass sich 3.000 Menschen spontan taufen ließen.
Es wurde das fröhlichste Pfingstfest, das jemals gefeiert wurde, denn Gott hatte in der Taufe einen neuen Bund mit den Menschen geschlossen.

Weil sie in Christi Namen und auf den Namen Jesu Christi getauft waren, gehörten sie zusammen, wie eine Familie – und erhielten auch so etwas, wie einen „Familiennamen“: Christen.
Ihr neues Leben war so ansteckend, dass täglich weitere hinzukamen.
Deshalb ist Pfingsten der Geburtstag der Kirche Christi.

Soweit die Nacherzählung dessen, was in der Bibel in Apostelgeschichte 2 nachzulesen ist.

Wir sehen, dass Gottes Geist alle Angst und Furcht überwindet. Im 2. Timotheus-Brief (Kap. 1,7) schreibt der Apostel: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“
In Jerusalem konnten die Jüngerinnen und Jünger Jesu nicht mehr im geschlossenen Saal ihren Glauben und ihre Traditionen pflegen, ihre Lieder singen und sich selbst genug sein.
Gottes Geist drängte sie vielmehr hinaus auf die Straßen, mitten hinein in die Vielfalt und die Gefährdungen menschlichen Lebens.

Und es ist eine tolle Botschaft, die die Jüngerinnen und Jünger Jesu zu verkündigen haben:

Ein Neuanfang ist möglich!
Du kannst umkehren, heraustreten aus dem Kreisen um dich und dein Wohlergehen!
Du kannst ein neues Leben wagen, denn Gott geht mit dir. Sein Geist schenkt dir Mut und Kraft, Besonnenheit und Liebe, Hoffnung und Vertrauen.

Woher nimmt diese Botschaft ihre Berechtigung?
Petrus nimmt auf den auferstandenen Jesus Bezug. Ostern hat er gezeigt, dass das letzte Wort nicht die zerstörerischen, trennenden Kräfte haben, sondern diejenigen, die Leben ermöglichen – diejenigen, die für das Miteinander, das Verbindende eintreten und die mit den Ohnmächtigen solidarisch sind. So, wie es Jesus vorgelebt hat und wie es Jesu Jüngerinnen und Jünger in seinem Geist bis heute weitertragen.

Ich finde, das ist ein großer Trost in einer Welt, die so viel Verunsicherung, Bedrohung und Leid – im Persönlichen wie im Globalen – ausgesetzt ist. Da ist es tröstlich, zu wissen, dass diese lebensfeindlichen, zerstörenden Kräfte am Ende nicht siegen werden – sondern der auferstandene Christus, der uns zuruft: „Ich lebe, und ihr sollt auch leben.“

Im Johannesevangelium wird uns berichtet, dass Jesus das Kommen des Heiligen Geistes angekündigt hat. Da nennt er ihn den „Tröster“ – denn der Geist ist es, der uns hilft, bei all dem Traurigen, Bedrohlichen und Entmutigenden nicht zu resignieren, nicht zu verzweifeln, sondern Christus zu vertrauen. Der Tröster ist es, der in uns Hoffnung und Mut, Vertrauen und Liebe, Kraft und Besonnenheit wach hält und stärkt.

Das ist die Botschaft der Christen!
Gottes Geist treibt uns hin zu den Menschen, die unsere Hilfe, unsere Unterstützung, unsere Liebe brauchen. Er sendet uns auch zu denen, die anders sprechen, die anders leben, anders glauben oder anders lieben als wir. Er hilft uns, auch in dem verwirrten alten Menschen - wie in dem aggressiven Jugendlichen Gottes Ebenbild zu sehen.
In den Herausforderungen unseres diakonischen Alltags will Gottes Geist die Liebe in uns wecken und stärken.
Als Diakonie sind wir Teil der Kirche Christi. Und wir sind auch an ihrer Mission beteiligt, nämlich den Menschen zu zeigen, dass es schön ist, zu leben und ein Gotteskind zu sein – so wie wir es eben in dem Lied von Detlev Block gesungen haben.

Weil das so ist, werben wir für den Glauben und die Taufe. Wir laden ein, zur Familie Gottes zu gehören, sich der Bewegung des Geistes anzuschließen, die in Jerusalem begann und seitdem um die Welt geht?
Alle Getauften sind Teil dieser Bewegung.
– Man darf es uns ruhig anmerken!

Pfingsten sagt uns: Neues ist möglich!
Wir dürfen uns begeistern lassen!
Amen.